Frauenleben in der Nachkriegszeit – Lewer Däle, Liebenburg

„So viel erlebt, ich könnte ein Buch darüber schreiben!“ Wer kennt diesen Satz nicht, wenn die Frauen der Nachkriegsgeneration aus ihrem bewegten Leben berichten: über die Ankunft der ersten amerikanischen Soldaten in den Dörfern, über Jahrmarktgeschehen oder Höhepunkte im Familienleben, aber auch über den Alltag als sogenannte „Kulturfrauen im Harz“, die nach dem Krieg die Wälder wieder aufforsteten, während in den Städten die „Trümmerfrauen“ den Schutt aufräumten. Andere erinnern sich an ihre Zeit als Büroangestellte oder frischgebackene Abiturientin oder an die Kindheit in einer Bergarbeitersiedlung am Rande des Harzes.

Ursula Henk-Riethmüller vom Kulturverein Lewer Däle und Heike Brümmer von der Kreisvolkshochschule Goslar haben bei diesen Geschichten aufgehorcht und festgestellt, dass kaum jemand tatsächlich ein Buch darüber geschrieben hat. Frauen sind oft bescheiden und meinen, dass ihre Erlebnisse nichts Besonderes gewesen wären. Was solle man da schon für die Nachwelt schreiben? Dabei sind es wichtige historische Zeugnisse für unsere Region! Und in den Archiven der Museen und Sammlungen des Landkreises werden vor allem Berichte von Männern aus dieser Zeit gesammelt.

Was als Einzelveranstaltung der Lewer Däle e.V. mit der Kreisvolkshochschule im Jahre 2020 begann, hat trotz Corona 2021 Fahrt aufgenommen. 16 Frauen im Alter von 55 bis 92 kamen nach einer Infoveranstaltung zu zwei zweitägigen Schreibwerkstätten in Liebenburg und Goslar, zu denen Lewer Däle, Kreisvolkshochschule und Kreisheimatpflege eingeladen hatten. Unter professioneller Leitung starteten die Teilnehmerinnen mit der kreativen Schreibarbeit. Fragen zum günstigen Einstieg wurden dabei ebenso beantwortet wie Stilfragen und wie der rote Faden in der Geschichte weitergesponnen werden kann.

Für die beteiligen Frauen war die Begleitung der Schreibwerkstätten eine sehr hilfreiche Unterstützung. „Wie oft hat man schon gesagt, dass man die Erlebnisse aufschreiben will. Aber den Einstieg zu finden, ist allein nicht einfach,“ sagten viele, die zum ersten Mal Lebenserinnerungen aufgezeichnet haben. Dass es erlernbare Techniken gibt, die in das Schreiben hineinführen, war ihnen neu.

Auch Frauen, die schon Schreiberfahrung hatten, sind am Projekt beteiligt und lieferten spannende Texte. So erinnert sich eine an die hygienischen Verhältnisse in ihrer Kindheit in den 50er Jahren, namentlich an das Plumpsklo im Hof: „Wenn wir Besuch aus der Stadt hatten, galt unser ‚Örtchen‘ als exotisch und spannend. Für mich war es ganz normal. Sobald ich einen Eimer mit Wasser tragen konnte, gehörte die Reinigung zu meinen Aufgaben.“

Mittlerweile sind 17 Texte mit autobiografischen Erinnerungen eingegangen. Sie wurden von der Liebenburger Journalistin Stefanie von Wietersheim redigiert und sollen als Sammelband veröffentlicht werden. Er wird neben historischen Fotos auch Interviews mit den Frauen enthalten, die per QR-Code mit dem Handy aufgerufen werden können. Bei allen kommt darin die große Begeisterung über dieses Projekt zum Ausdruck.

Zurzeit wird das Layout entworfen und wir hoffen, dass der Band bald gedruckt ist. Für die Verbreitung der Publikation planen wir Lesungen und Buchvorstellungen kreisweit sowie in den angrenzenden Kreisen Wolfenbüttel und Salzgitter in den dortigen Kultureinrichtungen (Lewer Däle Liebenburg, Goslarsche Höfe, Geschichtsvereine, Museen, Seniorenbüros, Volkshochschulen, Landfrauen etc.). Erste Termine sind schon vereinbart!

Die Publikation soll der Region zugutekommen. Daher möchten wir den Stadtbibliotheken, Heimatmuseen, Frauenorten, Tourist-Informationen, Frauenbeauftragten etc. im Umkreis Exemplare zur Verfügung stellen. Ein weiterer Teil soll in den öffentlichen Verkauf im regionalen Buchhandel gehen.

Text: Heike Brümmer, Kreisvolkshochschule Goslar und Ursula Henk-Riethmüller, Kulturverein Lewer Däle Liebenburg

Foto: Landfrauen – Foto: Arnold Kipke

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