„Machtsumer Lichtblicke“- Theater ASPIK, Hildesheim

Im Winter 2019 hat Theater ASPIK das soziokulturelle Stationentheaterstück „Machtsumer Lichtblicke“ in Machtsum (nahe Hildesheim) umgesetzt. Im Zentrum der thematischen Auseinandersetzung stand die individuelle Perspektive der Dorfbewohner auf ihr Lebensumfeld. Wo bin ich hier, und warum will ich hier bleiben? Was macht für mich das Leben in Machtsum aus? Was bedeutet mir das „Wir“ der Dorfgemeinschaft? Wie prägt der Alltag im Dorf meine Sicht auf den Rest der Welt?

Angelehnt an Motive aus Mariana Lekys Dorf-Roman „Was man von hier aus sehen kann“ hat sich die Inszenierung in Form des nächtlichen Dorfspaziergangs diesen Fragen genähert. Fiktionale szenische Umsetzungen gepaart mit authentischen Momenten bildeten eine griffige Form, in der sich die Auseinandersetzung mit dem, was das Landleben ausmacht und dem was es gefährdet, in einzelnen Szenen theatral überhöht und atmosphärisch verdichtet, entfalten konnte. Mitwirkende und Zuschauer wanderten zusammen von Station zu Station durch das winterliche Dorf. Durch das Scheinwerferlicht aus der Dunkelheit des Dorfes herausgehoben, fügten sich im Verlauf des Abends die Erzählfragmente kaleidoskopartig zusammen und führten, aufgehängt an dem Leitmotiv der Vergänglichkeit, zu einer zutiefst berührenden Darstellung des dörflichen Kollektivs, zumeist verkörpert durch die BewohnerInnen des Ortes und musikalisch begleitet durch den gemischten Chor St. Nikolaus Machtsum.

In Lekys Roman ist das Dorf Schnittstelle zwischen Enge und Weite, Mikro- und Makrokosmos, Privatsphäre und Öffentlichkeit, die immer neu verhandelt wird. In der Inszenierung von Theater ASPIK wurde ein Aspekt des Romans in den Vordergrund gerückt, an dem sich alle weiteren Dorf-Themen aufhängten und der in jeder Szene mitschwang und das Publikum bis zum Schluss in Atem hielt: Der prophezeite Tod eines Mitmenschen innerhalb der Dorfgemeinschaft“.

Durch dieses starke Motiv wurde sichtbar, dass eine oft beschworene Eigenschaft des Dorfes hier zutraf: Das Gemeinschaftsgefühl. Die Zuschauer wurden zu Beobachtern eines kurzen Lebensabschnitts einer Mikrogesellschaft, die vor Sorge um die eigene Existenz Überlebensstrategien angewendet hat, die man in dieser Form wohl nur in einer Dorfgemeinschaft antrifft. So wirkten in der Betrachtung des Stücks die zu Beginn gestellten Fragen nach und die individuellen Antworten auf diese Fragen wurden im Spiel sichtbar.

Text: Arnd Heuwinkel/Marion Schorrlepp

Foto: Clemens Heidrich

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