Heersumer Sommerspiele 2020: Im Grunde Goethe

Böse Stimmen behaupten, die Heersumer Sommerspiele 2020 wären ausgefallen. Ausgerechnet zum 30jährigen Vereinsjubiläum. In der Vergangenheit ist der Verein schon öfter mit solchen haltlosen Behauptungen konfrontiert worden. 1997 bei „Ufos über der Börde“ wurde den Heersumer Theaterleuten beispielsweise vorgeworfen, die Kornkreise in Grasdorf hätten gar keine Außerirdischen gemacht. Außerdem hätte das ganze Spektakel gar nicht hierzulande stattgefunden. Die Produktion sei ganz billig auf dem Mond nachgedreht worden. Auch 2015 wurde behauptet, das Forum wäre gar nicht beim Papst gewesen. Uli Jäckle selbst hätte den Papst im Film gespielt. Und auch das ganze Mittelalter mit seinen Runkelrittern sei frei erfunden. Frauke Petry hingegen wurde nie bezweifelt. Dabei war sie im Sommer 2016 überhaupt nicht in Dinklar. Sie wurde vom Schauspieler Michael Wenzlaff gespielt. Zugegebenermaßen ziemlich brillant. So täuschend echt, dass sogar die Leute vom Kreisverband der AfD auf den Platz kamen.

Das Ganze hat System. Es liegt auf der Hand, dass man den Theaterleuten aus Heersum das Wasser abgraben will. Da will jemand eine neue Welttheaterordnung (NWTO) erschaffen. Noch ist unklar, wer dahintersteckt. Aber die Heersumer*innen werden sich nicht vereinnahmen lassen. Die hatten schon Aluhüte auf, als man sich in Bielefeld noch Pergamentpapier um den Kopf gewickelt hat.

Fakt ist, dass die Heersumer Sommerspiele 2020 sehr wohl stattgefunden haben. Vielleicht haben das nicht ganz so viele Leute mitbekommen, weil die fantastischen Kostüme, die Tribüne und die Menschenmassen nicht schon von Weitem zu sehen waren. Die Aufführungen haben nämlich auf dem Grund des Bodenburger Sees stattgefunden. Nicht zum Schutz vor Kondensstreifen am Himmel. Es war lediglich eine Hygienemaßnahme wegen Corona. Obwohl das Spektakel baden gegangen ist, war es ein voller Erfolg. Da unten konnten die Heersumer*innen endlich Goethe auf den Grund gehen. Nach 30 Jahren Klamauk war es wirklich an der Zeit, mal eine Tragödie zu spielen. „Faust III“ stand auf dem Spielplan. Und es ist eine sehr wahrhafte Tragödie geworden. Traumatisiert hat es die Leute aber nicht. Viele setzten sich danach beschwingt auf ihre Fahrräder und erkundeten „Auf eigene Faust“ das Innerstetal, immer auf der Jagd nach skurrilen Momenten. Da saßen zahlreiche Hasen in Feld und Flur oder nahmen ein Bad in der Wanne. Füchse tobten über die Wiesen, Rüben rannten auf dem Acker oder tanzten ausgelassen mit der Rose im Gutspark. Und es war Sommer. Alle Vorstellungen waren ausverkauft. Aufgrund des großen Erfolgs haben sich die Forumsleute geschworen, in den nächsten Jahren eine Wiederaufnahme von „Faust III“ auf die Bühne zu bringen. Dieses Mal dann über Wasser.

 

Weitere Informationen unter: https://www.forumheersum.de/auf-eigene-faust

 

Text: Jürgen Zinke

Foto: Julia Moras

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