Die Schule ist nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch der sozialen und politischen Bildung. Doch in vielen Schulen Niedersachsens bleibt demokratische Beteiligung für Schüler*innen eingeschränkt. Der Landesschülerrat Niedersachsen fordert deshalb umfassende Reformen zur Stärkung der Schülerpartizipation und wirksame Strukturen für die Schülervertretungsarbeit.
"Wer von jungen Menschen erwartet, dass sie sich demokratisch engagieren, muss ihnen auch die Möglichkeit geben, wirklich mitzubestimmen – nicht nur zuzuhören", erklärt Matteo Feind, Vorsitzender des Landesschülerrats Niedersachsen. "Wir brauchen keine Scheinbeteiligung, sondern eine ernstgemeinte Mitwirkung mit Konsequenz und Wirkung."
Obwohl das niedersächsische Schulgesetz Beteiligung formal vorsieht, sieht die Praxis häufig anders aus:
Viele Schulen verfügen nur über unzureichend funktionierende SV-Strukturen. Zeit, Räume und Unterstützung für die SV-Arbeit fehlen. Die Beteiligung der Schüler*innen in den entscheidenden Gremien ist stark eingeschränkt. Rechte werden nicht konsequent kommuniziert oder umgesetzt.
Diese Missstände machen die Schülervertretung teilweise zu einem Kraftakt. Das widerspricht nicht nur dem Bildungsauftrag, sondern auch dem Ziel, junge Menschen auf eine aktive Rolle in unserer Demokratie vorzubereiten.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Zusammensetzung der Gesamtkonferenzen. Hier treffen zentrale Entscheidungen für das Schulleben – von Grundsätzen der pädagogischen Arbeit bis hin zu Ordnungsmaßnahmen. Trotzdem haben dort ausschließlich die Lehrkräfte volle Stimmrechte, während Schüler*innen, wenn überhaupt, nur einen Bruchteil der Stimmen stellen.
"Wenn 150 Lehrkräfte mitentscheiden dürfen, aber nur 20 Schüler*innen, dann kann niemand ernsthaft von demokratischer Mitbestimmung sprechen", kritisiert Feind. "Das Verhältnis ist weder gerecht, noch zukunftsfähig."
Der LSR fordert daher eine grundlegende Überarbeitung der Gremienstruktur und eine deutlich ausgewogenere Sitz- und Stimmvertretung in allen schulischen Konferenzen, sowie verbindliche und transparente SV-Strukturen an allen Schulen, ausreichend Zeit, Räume und Ressourcen für Schülervertretungen.
Demokratie wird nicht im Frontalunterricht gelernt, sondern durch konkrete Erfahrungen. Schulen müssen daher nicht nur über Mitbestimmung sprechen, sondern sie im Alltag ermöglichen. Dazu gehört, dass Schüler*innen auch Einfluss auf Entscheidungen nehmen können, die ihr Leben direkt betreffen: Unterrichtsformen, Regeln, Schulentwicklung und das Schulklima.
"Wer möchte, dass wir Demokratie lernen, muss sie uns auch zutrauen. Wir erleben jeden Tag, wie viel Engagement, Ideen und Verantwortung Schüler*innen mitbringen. Doch zu oft stößt man an strukturelle Grenzen", meint Marie Sievers, stellvertretende Vorsitzende des Landesschülerrates Niedersachsen abschließend. "Es ist Zeit, diese Grenzen zu verschieben, hin zu echter Beteiligung und gelebter Demokratie."
Quelle: https://lsr-nds.de/?na=v&nk=239-6bd4481a4e&id=32